Diesel-Paket bringt überhaupt nichts

Ganze drei Jahre nach Beginn des Dieselskandals könnte der sofort wirksame Lösungsansatz technischer Nachrüstung älterer Diesel nun endlich Gehör gefunden haben. Wie aus dem am Dienstag, 02. Oktober 2018, veröffentlichten Beschlusspapier der Koalition, dem „Konzept für saubere Luft und die Sicherung der individuellen Mobilität in unseren Städten“, hervorgeht, erwartet die Bundesregierung von den Automobilherstellern die Kostenübernahme der Hardware-Nachrüstung für Euro-5-Diesel in 14 besonders belasteten Regionen. Alle anderen Diesel-Besitzer sind die Dummen. Für sie, über 90 % aller Dieselfahrer in Deutschland, gelten die Angebote zum Nachrüsten und Umtauschen nicht!

Der Bund kündigt an, die genehmigungsrechtlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen. Wie die Hersteller mit dieser Aufforderung umgehen und ob tatsächlich eine Einigung nach dem Verursacherprinzip getroffen werden kann, ist bisher offen geblieben. Über finanzielle und technische Einzelheiten stehen laut Verkehrsminister Andreas Scheuer noch Gespräche mit den deutschen Herstellern aus. Auch eine flächendeckende Lösung zum Umgang mit Dieselfahrzeugen gibt es nicht. Bei den Diesel-Fahrzeugen der Importeure hat die Bundesregeirrung keine Möglichkeit, sie zu irgendetwas zu zwingen.

Aus Sicht des Autoclubs ACE ist der Aufforderungscharakter des Beschlusspapiers hinsichtlich technischer Nachrüstungen grundsätzlich zu begrüßen. Die Kosten für Hardware-Nachrüstungen sind nach dem Verursacherprinzip von den Autoherstellern zu tragen. Doch ist die Bundesregierung nach dieser Einsicht umso mehr aufgefordert, die Autoindustrie konkret in die Pflicht zu nehmen und im direkten Gespräch mit den Herstellern eine Einigung zugunsten der Dieselbesitzer und Steuerzahler bundesweit zu erzielen. Anschließend muss zügig der rechtliche Rahmen für technische Nachrüstungen an Diesel-Pkw geschaffen werden, sodass Millionen betrogener Dieselfahrer profitieren, unabhängig von ihrem Wohnort. Denn bis Anfang 2019 die nächsten Fahrverbote kommen, bleibt kaum noch Zeit. 

Stefan Heimlich, ACE-Vorsitzender: „Mit der angekündigten Umtauschprämie für Euro-4- und Euro-5-Diesel – einer Abwrackprämie 2.0 – ist nur Dieselbesitzern geholfen, die sich ein neues Fahrzeug leisten können und wollen. Alle anderen sind darauf angewiesen, dass Hardware-Nachrüstungen auf Kosten der Hersteller zeitnah möglich sind. Dazu reichen die Einsicht der Bundesregierung und vage Formulierungen nicht aus.“

Der Bund hat endlich den Weg für Hardware-Nachrüstungen frei gemacht, das ist ein sehr gutes Signal für die Verbraucher und ein wichtiger Schritt hin zu besserer Luft in den Städten, meint der ADAC. Und erst wenn die Angebote der Autobauer verbindlich auf dem Tisch liegen, wissen die Verbraucher, was die Beschlüsse der Koalition tatsächlich wert sind, so der ADAC. Denn es darf nicht sein, dass die Verbraucher, die sich trotz Prämien kein neues Auto leisten können, auf den Kosten der Nachrüstung sitzen bleiben“, so ADAC Vizepräsident für Verkehr, Ulrich Klaus Becker.

Eine gute Nachricht für alle betroffenen Autofahrer ist außerdem die vorgesehene Regelung, dass es keine Blaue Plakette geben wird, und dass neben Euro-6-Diesel-Pkw auch besonders saubere Fahrzeuge (<270 Mikrogramm NOx) grundsätzlich von Fahrverboten ausgenommen werden sollen – egal ob nachgerüstet oder mit Update, egal ob Euro 4 oder 5. Auch hier steckt der Teufel noch im Detail: Vom zugrunde liegenden Messverfahren ist abhängig, welche Fahrzeuge diese Hürde tatsächlich nehmen werden.

Generell setzt sich der ADAC seit Langem dafür ein, dass alle sinnvollen Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um die Luft in unseren Städten sauberer zu machen und Fahrverbote möglichst zu vermeiden. Zu diesem Maßnahmenbündel gehören Nachrüstungen ebenso wie Software-Updates oder Flottenwechsel. Für den ADAC als großen Mobilitätsclub ist wichtig, dass die Menschen in Deutschland jetzt so schnell wie möglich Sicherheit bekommen, dass sie mit ihren Diesel-Fahrzeugen auch künftig uneingeschränkt mobil sein können. Das gilt aber nicht, wenn die Maßnahmen nicht deutschlandweit und flächendeckend erfolgen. Quelle: ACE / ADAC / DMM