Elektromobilität kostet viele Jobs

Die Elektrifizierung des Antriebsstrangs bei Automobilen führt zu deutlich geringerem Personalbedarf. Das betrifft vor allem den Zuliefererbereich. Die Transformation hin zur Elektromobilität kann gelingen, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Politik und Unternehmen sind jetzt gefordert, Strategien zu entwickeln, um diese Herausforderung zu bewältigen. Dies besagt eine aktuelle Studie des Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO.

Bis 2030 kann jeder zweite Arbeitsplatz in der Antriebstechnik von PKW direkt oder indirekt von der Elektromobilität betroffen sein. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie »Wirkungen der Fahrzeugelektrifizierung auf die Beschäftigung am Standort Deutschland (ELAB)« des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO. Danach werden in Deutschland durch Elektrifizierung und Produktivität per Saldo – bei als wahrscheinlich angenommenen Entwicklungen – rund 75.000 Arbeitsplätze in der Antriebstechnik wegfallen. Darin ist schon eingerechnet, dass rund 25.000 neue Stellen für Komponenten wie Batterien oder Leistungselektronik entstehen werden. Die Automobilindustrie in Deutschland zählt rund 840.000 Beschäftigte, darunter rund ca. 210.000 in der Herstellung von Antriebssträngen.

Politik und Unternehmen müssen Transformation in Automobilindustrie mitgestalten. Grund zur Angstmacherei böten die Ergebnisse nicht, sagte Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall, in Frankfurt. „Die Herausforderung ist groß, aber zu bewältigen, wenn jetzt die richtigen Rahmenbedingungen geschaffen werden“, betont Hofmann. Er sieht hier Politik und Unternehmen in der Verantwortung. „Politik und Unternehmen müssen jetzt Strategien entwickeln, um diese Transformation zu gestalten. Die Politik muss den notwendigen Strukturwandel in der Automobilindustrie durch zielgerichtete Industrie- und Beschäftigungspolitik flankieren, die Unternehmen müssen vor allem mit einer massiven Qualifizierungsoffensive dafür sorgen, dass die Beschäftigten in diesem Wandel nicht unter die Räder kommen.“ Hofmann forderte Politik und Arbeitgeber auf, jetzt dafür belastbare Konzepte und Vorschläge auf den Weg zu bringen. „Wir müssen die kommenden Jahre nutzen, um diese erforderlichen Anpassungsprozesse in die Wege zu leiten – aber die Weichen dafür werden heute gestellt.“

Gemessen an der Gesamtzahl der Erwerbstätigen in Deutschland von mehr als 44 Mio. (davon mehr als 1/3 im Niedriglohnbereich) sei dieser mögliche Arbeitsplatzverlust gering, sagte Professor Dr. Oliver Riedel, Institutsdirektor am Fraunhofer IAO. „Doch je nach Betrieb und Region können die Folgen beträchtlich sein, etwa dann, wenn kleinere Unternehmen Umsatzeinbußen bei Komponenten für Verbrennungsmotoren nicht ausgleichen können oder wenn es in strukturschwachen Regionen kaum Beschäftigungsalternativen gibt.“

Studie untersucht Beschäftigungswirkung der Elektromobilität in drei Szenarien. Initiiert wurde die Studie von IG Metall, BMW, Volkswagen, Daimler, Robert Bosch, ZF Friedrichshafen, Schaeffler, Mahle International sowie dem Verband der Automobilindustrie. Die Forscher vom Fraunhofer IAO haben die Beschäftigungswirkung der Elektromobilität in drei Szenarien durchgespielt. Im Zentrum steht ein Szenarium, in dem bis 2030 ein Viertel der Fahrzeuge rein elektrisch angetrieben wird, 15 %  sind Plug-in-Hybride, 60 % haben einen Otto- oder Dieselmotor. Ein besonderes Gewicht fällt Plug-in-Hybriden zu. Weil sie beide Antriebsarten verbinden, haben sie sowohl klima- wie beschäftigungspolitisch positive Folgen. Vorausgesetzt ist in allen Szenarien, dass die Komponenten für Hybrid- und reine Elektrofahrzeuge weitgehend auch in Deutschland hergestellt werden.

Die Studie beruht auf Daten aus der Fertigung der beteiligten Unternehmen. Der dort analysierte Anteil der Beschäftigung repräsentiert mehr als die Hälfte der Wertschöpfungsketten in der Antriebstechnik in Deutschland. Die Ergebnisse sind damit in hohem Maße valide. Quelle: Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO / DMM