Fragezeichen hinter NDC

Da die Fluggesellschaften die Art und Weise ändern, wie sie Buchungsinhalte vermarkten und bereitstellen, bringt die New Distribution Capability (NDC) sowohl Vorteile als auch mögliche Herausforderungen für Firmenreiseprogramme mit sich. Das ist die zentrale Aussage einer neuen Studie des US-Verbands ACTE Global (Association of Corporate Travel Executives), erstellt in Zusammenarbeit mit American Express Global Business Travel (GBT).

Die Studie „The Evolution of Air Distribution“ untersucht die Erfahrungen und Einstellungen von Travel Managern zu Veränderungen im Flugvertrieb. Das schließt die New Distribution Capability (NDC) ein, einen Programmierschnittstellen-Standard (API-Standard) für den Vertrieb. Travel Manager erwarten von NDC einen gewissen Nutzen: 64 % sagen, der Standard könne die Buchungsprozesse verbessern, 56 % sind der Ansicht, er könne die Vertragsverhandlungen mit Fluggesellschaften unterstützen. Die Mehrheit jedoch befürchtet, dass die durch NDC verursachte Fragmentierung die Kostenkontrolle (89 %), die Einhaltung der Reiserichtlinien (87 %) und die Sorgfaltspflicht (77 %) gefährden könnte. 

Mit den Zusatzleistungen der Fluggesellschaften gibt es bereits Fragmentierung im Markt. Fast die Hälfte der Travel Manager (49 %) gibt an, dass Reisende „gelegentlich“ außerhalb der Richtlinien Zusatzleistungen auf Airline-Websites buchen. Diese Abwanderung von den Online-Buchungstools der Unternehmen ist eine direkte Folge der Aufschnürung von Flugtarifen in kostenpflichtige Einzelkomponenten, zum Beispiel Gepäckentgelte und Sitzplatzwahl. Das stört die Buchungsprozesse der Reisenden und verhindert, dass Travel Manager volle Transparenz über die Flugausgaben erhalten. 

„Fluggesellschaften müssen sich seit Jahrzehnten mit den wachsenden Anforderungen der Reisenden auseinandersetzen. Das reicht von der Nachfrage nach Niedrigtarifen bis zum Wunsch, auch in der Luft ununterbrochen online zu sein“, sagt Greeley Koch, Executive Director von ACTE Global. „NDC ist eine Antwort auf diese Marktkräfte und könnte den Reisenden durch Personalisierung nutzen. Der Standard geht allerdings zu Lasten der Travel Manager, die jetzt versuchen herauszufinden, wie sie die Kontrolle über ihre Geschäftsreisen behalten können, wenn NDC tatsächlich zum Standard wird.“ 

„Travel Manager brauchen auf skalierbare, transparente und kosteneffektive Weise umfassenden Zugang zu Flugangeboten. Nur so können sie den Anforderungen der Reisenden und den Zielen ihres Unternehmens gerecht werden“, sagt Mike Qualantone, Executive Vice President of Global Supplier Relations bei American Express GBT. „Wir begrüßen NDC voll und ganz als positives Zeichen dafür, dass die Fluggesellschaften den Vertrieb standardisieren wollen. Unsere Hauptverantwortung liegt jedoch bei unseren Kunden und ihren Reisenden, und obwohl NDC Potenzial besitzt und einiges verspricht, fragen wir uns, wie die Fluggesellschaften den Standard nutzen werden. NDC allein ist keine Wunderwaffe. Als Branche müssen wir mehr Möglichkeiten finden, um Full Content und optimierte Nutzerprozesse bereitzustellen und dabei Service, Vergleichbarkeit und Funktionalität zu wahren.“ 

Skepsis. Obwohl NDC umfassend diskutiert wurde, seit der Airlineverband IATA das Konzept vorgestellt hat, bleibt eine starke Ungewissheit darüber, was genau damit gemeint ist. Fast ein Viertel (23 %) der Reisemanager gibt an, sie seien „überhaupt nicht“ davon überzeugt, dass sie NDC verstehen und was es für ihre Geschäftsreisen bedeutet. Weitere 58 % sagen, sie seien nur „einigermaßen“ von ihrem Verständnis überzeugt. Daher sind nur wenige Travel Manager bereit, NDC-fähige Tools in ihre Reiseprogramme zu integrieren. 63 % äußern sogar, sie hätten derzeit kein Interesse an neuen Plattformen jenseits ihres Online-Buchungstools.

Travel Manager bleiben NDC gegenüber skeptisch und fürchten, der Standard könne Einfluss auf zentrale Elemente ihrer Reiseprogramme haben. Zu den wichtigsten Bedenken gegen die Einbindung von NDC-Content in bestehende Reiseprogramme gehören: eingeschränkte Funktionalität des Online-Buchungstools (90 % äußern Bedenken), höhere Kosten durch Aufschnürung von Flugtarifen (89 %), fehlende Daten (88 %) und geringere Preistransparenz (88 %). Travel Manager erwarten außerdem, dass NDC die Einhaltung von Reiserichtlinien negativ beeinflussen wird (87 %). 

„Die größte Unbekannte im Zusammenhang mit NDC ist, ob Travel Manager die Kosten und das Verhalten der Reisenden im Blick behalten können. Sie können es sich allerdings nicht leisten, eine Reaktion hinauszuschieben“, meint Greeley Koch. „Travel Manager müssen jetzt ihre Richtlinien und Technologien prüfen, sodass sie auf mögliche Umbrüche vorbereitet sind. Wenn sie kalt erwischt werden, führt das zu noch stärkerer Fragmentierung, weniger Sicherheit und letztendlich weniger Effektivität in ihren Reiseprogrammen.“ 

„Wir setzen uns weiterhin für die größtmögliche Konsolidierung von Content über alle Buchungskanäle hinweg ein. Ziel ist es, die Erwartungen von Kunden und Reisenden bestmöglich zu erfüllen und gleichzeitig die Kosten für das Management von Reiseprogrammen wie auch die Buchungsentgelte unter Kontrolle zu behalten. NDC hat ein enormes Potenzial, und die Globalen Vertriebssysteme werden bald für NDC bereit und NDC-konform sein. Daher wird es wichtig sicherzustellen, dass die Fluggesellschaften diese umfassenden, effizienten und NDC-fähigen Vertriebskanäle in vollem Umfang nutzen“, unterstreicht Mike Qualantone.

Die ACTE hat von Mai bis Juni 2018 ihre weltweite Mitgliederbasis untersucht. Insgesamt 218 Travel Manager (zu 60 % aus Amerika, 28 % aus EMEA, 12 % aus APAC) haben an der Umfrage teilgenommen. Die Umfrage wurde durch eine qualitative Telefonumfrage unter den ACTE-Mitgliedern ergänzt. Quelle: ACTE / GBT / DMM