Immer mehr Billigflieger in Deutschland

Fliegen ist definitiv viel zu billig, betrachtet man sich die immensen Auswirkungen der Luftfahrt auf das Klima. Nichtsdestotrotz sind die "Billigheimer unter den Airlines" deutschlandweit auf dem Vormarsch. Gut 30 % aller Flugverbindungen ab Deutschland werden mittlerweile von Low Cost-Airlines bedient. Dabei wird nach der Insolvenz und Verteilung der Strecken von Air Berlin ein neuer Rekord an Billigflügen in einem Winterhalbjahr ab Deutschland sichtbar.

Eurowings ist einer der Gewinner im deutschen LC-Markt. Foto: Eurowings

Lufthansa-Günstigtochter Eurowings sowie die beiden „Insel-Carrier“, Easyjet und Ryanair dominieren die Wachstumsentwicklung. Zunehmend steuern Eurowings und Norwegian Low Cost Ziele auch außerhalb Europas an. Die Verbraucherpreise steigen wieder. Das aber meist nur moderat. Parallel verzeichnet der europaweite Markt mit den günstigen Flugtickets ein kräftiges Plus von mehr als 10 %. Diese Ergebnisse stehen im nun erschienenen "Low Cost Monitor 1/2018" des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR).

„Das Streckennetz der Low Cost Carrier ab Deutschland erreicht mit 642 unterschiedlichen Strecken gegenüber 518 Linien im Vorjahr einen neuen Höchstwert in einem Winterhalbjahr“, sagt Dr. Peter Berster vom DLR-Institut für Flughafenwesen und Luftverkehr in Köln. Am stärksten erweitert die fragwürdige Ryanair das Streckennetz mit zusätzlichen 59 Verbindungen, einem Plus von 35 %. Auch Easyjet legt zu und fliegt 14 neue Ziele an. Deutlich dominierend durch die Übernahme zahlreicher Air Berlin-Verbindungen ist die Eurowings mit einem 40 %igenWachstum zum Vorjahr, die im Winter 2018 über das größte Angebot an Low Cost-Flügen in und ab Deutschland mit mehr als 50 % Marktanteil verfügt. Dahinter folgen Ryanair mit einem Anteil von 18,2 % und Easyjet mit 16,7 % bei den angebotenen Flügen. Easyjet verdoppelt dabei sogar das Angebot im Zuge der Übernahme von Air Berlin-Verbindungen und bietet rund 400 Flüge mehr an als noch im Vorjahr.

Preise klettern. Ein steigender Ölpreis und die verstärkte Expansion der Billigflieger an Großflughäfen lassen die durchschnittlichen Bruttopreise der Low Cost Carrier für einen einfachen Flug auf einen Bereich von 53 bis 117 Euro bei den betrachteten Gesellschaften mit Low Cost Angeboten steigen. Der Vorjahreswert dieser Gesellschaften lag bei rund 44 bis 105 Euro. Die angegebene Preisspanne fasst die durchschnittlichen Brutto-Flugpreise für eine repräsentative Auswahl an Flugstrecken der in Deutschland bedeutendsten Low Cost-Airlines Eurowings, Ryanair, Easyjet und Wizz zusammen. Die Durchschnittspreise werden im Low Cost Monitor auf Grundlage verschiedener Vorausbuchungszeiträume von einem Tag bis zu drei Monaten ermittelt.

Wachstum der LC‘ler in Frankfurt und Düsseldorf. Durch die Einführung von Ryanair und Wizz am Flughafen Frankfurt zu Dumpinggebühren hat sich der Anteil der LC-Flüge am größten Airport Deutschlands weiter erhöht. Mit knapp 5 % LC-Anteil am Gesamtaufkommen rangiert das Verhältnis aber immer noch weit unter den Werten, wie sie an anderen europäischen Hubs vorzufinden sind. Beispielsweise kommen hier Amsterdam und Madrid auf Werte von rund 20 %.

Am Flughafen Düsseldorf hat Eurowings durch den Wegfall von Air Berlin das Angebot um mehr als 50 % ausbauen können und bietet inzwischen auch Langstreckenverkehre von dort aus in die Karibik an. In Gesamteuropa haben die Flughäfen Barcelona, Dublin und London Gatwick das größte Angebot im LC-Verkehr.

Spitzenposition in Europa mit neuem Fluggerät. Europaweit bleiben Ryanair und Easyjet an der Spitze der LC-Carrier. Ryanair unterhält mittlerweile 2.395 Verbindungen auf dem Kontinent, Easyjet folgt mit knapp 1.200 Strecken. Beide Gesellschaften bieten zusammen fast 50 % aller Billigflüge in Europa an, wobei 27 % auf den problematischen Marktführer aus Irland entfallen. Eurowings konnte seinen Anteil im europäischen LC-Markt von 7 % der Flüge im vergangenen Jahr auf mittlerweile 9 % steigern. Insgesamt ist der Billigverkehr in Europa um mehr als 10 % gegenüber 2017 gestiegen.

Um den Angebotsausbau bewältigen zu können, ist das Vorhandensein einer entsprechend großen Anzahl von geeignetem Fluggerät notwendig. Dies sind in den meisten Fällen Flugzeuge der Typenreihen Boeing 737 und Airbus A320. So verfügt Ryanair mittlerweile über eine Einheitsflotte von mehr als 430 Flugzeugen des Typs B 737 mit 189 Sitzplätzen. Dies bedeutet eine Steigerung um 18 % gegenüber dem letzten Jahr. Auch Norwegian hat den eigenen Flugzeugpark stark ausgebaut. Hierzu zählen neben rund 120 Boeing 737 zusätzlich 20 Dreamliner, die im Interkontinentalverkehr nach Asien und Amerika eingesetzt werden. Durch den Einsatz von sechs neuen Modellen des Typs B 737 Max 8 können mittlerweile auch weniger aufkommensstarke interkontinentale Verbindungen von kleineren Flughäfen aus angeboten werden, etwa von Edinburgh nach Newburgh in den USA.

LC und traditioneller Linienflugbetrieb. Die Fluggesellschaften gestalten ihr LC-Angebot oft sehr unterschiedlich. Dadurch lassen sich nur wenige eindeutige Abgrenzungskriterien für das Marktsegment LC definieren: beispielsweise ein niedriger Preis und seine generelle Verfügbarkeit oder ein Direktvertrieb über das Internet. Zunehmend wird die Tendenz sich vermischender Geschäftsmodelle bei den Airlines sichtbar. Während Ryanair verstärkt auch an Großflughäfen tätig wird und durch Verkauf von Zusatzpaketen versucht, Premiumkunden anzusprechen, greifen Chartercarrier sowie etablierte Netzcarrier über Tochtergesellschaften oder eigene Angebote zunehmend in den Markt der preisgünstigen Flugangebote ein. In Deutschland hat Lufthansa ihre innerdeutschen und europäischen Flüge außer von und zu den Drehkreuzflughäfen Frankfurt und München an die Tochtergesellschaft Eurowings abgegeben. Die genannten Ergebnisse der Studie basieren auf Daten einer Referenzwoche im Januar 2018. Quelle: DLR / DMM