Innerdeutsch fliegen oder lieber den Zug nehmen?

Innerhalb Deutschlands das Flugzeug nehmen, wenn es immer mehr Schnellstrecken gibt und die Züge dort oft schneller als das Flugzeug (von Zentrum zu Zentrum gerechnet) sind? Die Meinungen dazu sind auch in der Geschäftsreisebranche ziemlich kontrovers. Tatsächlich macht der Inlandsverkehr nur rund 5 % der gesamten Verkehrsleistung im deutschen Luftverkehr aus, ist aber wichtig für den Geschäftsreiseverkehr und für das Funktionieren des gesamten Luftverkehrsnetzes.

Auch wenn innerdeutsch der Zug oft schneller zwischen den Zentren der Metropolregionen ist, hat der innerdeutsche Flugverkehr seine Berechtigung. Foto: DB

65 % der innerdeutschen Passagiere sind geschäftlich unterwegs. Bei vielen Geschäftsreisen ermöglicht in vielen Fällen nur das Flugzeug die Hin- und Rückreise innerhalb eines normalen Arbeitstages. Die Distanz zwischen Hamburg und Nürnberg etwa beträgt Luftlinie 462,53 km. Mit dem ICE ist ein Fahrgast hin und zurück gegenwärtig rund 8:40 Stunden auf dieser Strecke unterwegs, mit dem Flugzeug nur 2:20 Stunden (reine Fahr- bzw. Flugzeit). Rechnet man die An- und Abfahrtswege von und zu den Airports hinzu, addieren sich nochmal rund zwei Stunden beim Flugzeug. Es ist damit aber immer noch gut doppelt so schnell wie der ICE. In zunehmend mehr Relationen aber sind die Hochgeschwindigkeitszüge von Zentrum zu Zentrum gerechnet dem Flieger überlegen. Die Geschäftsreise mit dem Flugzeug kann nur auf sehr langen Distanzen (mehr als 500 km) inklusive An- und Abreise zum jeweiligen Flughafen an einem Tag problemlos absolviert werden, ohne dass viele Überstunden anfallen oder eine Hotelübernachtung nötig wird.

Eine repräsentative Umfrage des ifo-Instituts München unter etwa 7.000 deutschen Unternehmen belegt die Bedeutung innerdeutscher Flugverbindungen: 40 % der deutschen Unternehmen gaben an, dass innerdeutsche Flugreisen für sie von großer Bedeutung sind. Es gibt aber auch andere Umfragen, die auf innerdeutschen Verbindungen der Bahn inzwischen den Vorzug geben.

Bedeutung für den Umsteigeverkehr. Ein großer Teil des internationalen Luftverkehrs wird über Drehkreuze abgewickelt: Fluggesellschaften bündeln an großen Flughäfen wie etwa München und Frankfurt Passagierströme für die Langstrecke und für den Europaverkehr. Dies ist sowohl aus Sicht der Luftfahrt ökologisch als auch ökonomisch sinnvoll, denn so werden Flugzeuge besser ausgelastet und auch periphere Regionen an das internationale Verkehrsnetz angebunden. In diesem System spielen innerdeutsche Flugverbindungen eine wichtige Rolle als Zubringer. Viele Passagiere auf innerdeutschen Flügen sind also gar keine innerdeutschen Passagiere im eigentlichen Sinne, sondern treten ihren innerdeutschen Flug als Teil eines internationalen Fluges an und steigen dann am Drehkreuzflughafen um.

Ein Beispiel: 2017 flogen 66.500 Passagiere von Nürnberg nach München. Haben sie nur in München beruflich (oder wie mmer auch) zu tun, ist der Zug die eindeutig bessere Wahl und auch viel schneller zwischen beiden bayerischen Metropolen. Immerhin nutzen mehr als 3 Mio. Passagiere im Jahr den Zug zwischen Nürnberg und München. Nun weiß aber die Lufthansa, dass den 25-Minuten-Flug zwischen der nordbayerischen Metropole und der Landeshauptstadt 2017 nur 1.700 Fluggäste mit dem Endziel München nutzten. Mehr als 97 %  dieser 66.500 Passagiere stiegen zu Zielen weltweit um. Das gilt auch für viele andere Flughäfen und Flugverbindungen.

Verlagerung auf die Schiene? Auf immer mehr Strecken kann die Rolle von Inlandsflügen als Zubringer für den Langstreckenverkehr auch von Bahnen oder Fernbussen übernommen werden. So existieren heute beispielsweise keine Linienflüge mehr zwischen Köln und Frankfurt, da es hinreichende Bahn- und Busverbindungen auf dieser Strecke gibt. Eine Voraussetzung dafür ist aber eine gute Anbindung der Flughäfen an das Fernverkehrsnetz der Bahn. Eine stärkere Kooperation zwischen Luftverkehr und Bahnverkehr kann jedoch nur funktionieren, wenn die Angebote von den Kunden angenommen werden. Eine Verlagerung auf die Schiene per Dekret oder per künstlicher Verteuerung kann nicht funktionieren; denn Eingriffe in die Verkehrsmittelwahl führen i.d.R. nicht dazu, dass weniger geflogen wird, sondern lediglich dazu, dass die Menschen auf Anbieter (Airlines) aus dem Ausland ausweichen.

Die Auslandsgefahr. Passagiere, die den kompletten Reiseweg mit dem Flugzeug zurücklegen wollen, können immer auch im Ausland umsteigen: Statt etwa mit der Bahn von Hannover nach Frankfurt zu fahren, um dann mit einer deutschen Fluggesellschaft nach Peking zu fliegen, können sie auch von Hannover aus mit ausländischen Airlines über deren Drehkreuze im Ausland reisen, z.B. über Paris, Amsterdam, London oder Istanbul. Profitieren würden dann nicht Bahn oder Busunternehmen, sondern ausländischen Fluggesellschaften und deren Heimatflughäfen. Quelle: BDL / DMM