Wenn Kinder ein Auto zerkratzen

Stellen Sie sich vor, Sie kommen morgens aus dem Haus und bestaunen ihren verkratzten Geschäftswagen. Schnell stellt sich heraus, dass der „Missetäter“ ein Kind war. Nun hat das Amtsgericht München am 11.12.2017 ein Urteil erlassen (Az.: 345 C 13556/17), das Eltern aufatmen lässt: Eine Haftung für einen Sachschaden und die damit verbundene Schadensersatzzahlung entfällt, wenn der Schaden durch Überforderung des Kindes im Straßenverkehr entstanden ist, und das Kind den Schaden versehentlich verursacht hat.

Im Streitfall hatte ein siebenjähriger Junge mit dem blanken Ende seines Kickboardlenkers ein parkendes Auto zerkratzt und dabei einen Schaden von knapp 1500 Euro verursacht. Der Stiefvater des Jungen hatte sich kurz darauf bei dem Fahrzeughalter gemeldet und sich für den Schaden, den das Kind verursacht hat, entschuldigt. Der Fahrzeughalter erhob daraufhin Klage und verlangte Schadensersatz. Dies wiesen die zuständigen Richter ab: „Die Klagepartei hat gegen den Beklagten keine Ansprüche auf Schadensersatz“. Das Urteil ist nach Zurückweisung der Berufung am 15.03.2018 rechtskräftig.

Bub war durch ein fahrendes Auto überfordert. Zur Begründung des Urteils verwiesen die Richter ausdrücklich auf den Tathergang, den der als Zeuge geladene Stiefvater wie folgt schilderte: Der Junge befand sich mit Kickboard in der Hand auf dem Gehweg der mit Tempo 30 ausgeschilderten Wohnstraße und wollte diese überqueren. In diesem Moment sei ein Auto in gemäßigtem Tempo an ihm vorbeigefahren. Um dem fahrenden Auto auszuweichen, machte sich der Junge schmal – dabei blieb er mit dem Lenker des Kickboards an dem geparkten Auto des Klägers hängen. Da der Lenker keine Gummierung hatte, verursachte der Junge einen langen Kratzer an der Fahrertür und am Kotflügel des Autos.

Unabsichtliche Beschädigung. Die Richter führten weiter aus, dass Unfälle mit Sachbeschädigung, die durch Kinder unter 10 Jahren entstehen, nicht zu einem Schadensersatzanspruch des Geschädigten gegen die Eltern des Kindes führen. In der Pressemitteilung des AG München vom 18.05.2018 ließen sie verlauten, „der Gesetzgeber habe Kinder diesen Alters von Haftung freistellen wollen, wenn sich bei der gegebenen Fallkonstellation eine typische Überforderungssituation des Kindes durch die spezifischen Gefahren des motorisierten Verkehrs realisiert hat“. Im vorliegenden Fall sei der Schaden zwar an einem geparkten Auto entstanden, herbeigeführt wurde er jedoch dadurch, dass das Kind einem vorbeifahrenden Auto ausweichen wollte. Nach Meinung der Richter habe das Kind nicht die Fähigkeit, „Entfernungen und Geschwindigkeiten richtig einzuschätzen und sich entsprechend dieser Gefahren zu verhalten“.

Fazit. Eltern müssen nicht immer für ihre Kinder haften – und auch nicht zahlen. Verursacht ein Kind, das das 10. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, einen Sachschaden, weil es durch die Situation im Straßenverkehr maßgeblich überfordert war, so müssen Eltern keinen Schadensersatz leisten. Entscheidend ist hierbei jedoch, dass das Kind den Schaden nicht vorsätzlich herbeigeführt hat. Quelle: www.anwalt.de > RA Holger Bernd, Bernd Rechtsanwalts GmbH